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Natur- und Heimatfreunde Maxsain/Zürbach e. V.






Heimatkunde: Als der Wald verschwand


Fast genau 100 Jahre ist es her, dass sich Maxsainer Bürger mit einer großen Unterschriftenliste an die Gemeindeverwaltung wandten, um eine Umnutzung von 40 Hektar Waldfläche in Ackerland zu beantragen.

Wo seit dem Jahr 2013 der Maxsainer Löwe am Picknickplatz neben der Rückerother Straße geduldig über das Dorf wacht, zweigt ein Feldweg ab, der nach einem Knick schließlich am Campingplatz mündet. Die gesamte Fläche oberhalb dieses Weges war einst mit Wald bedeckt. Es handelt sich um den Distrikt „Eisengruben“.

Der Antrag ist auf den 1. Oktober 1923 datiert und wurde vom damaligen Vorsitzenden der Maxsainer Ortsbauernschaft, Wilhelm Schnug, gestellt. Er begründet ihn mit den Reparationslasten, die „die ganze Wirtschaftslage den äussersten Schwierigkeiten ausgesetzt“ hätten. Mit dem Zugewinn an Ackerland solle es daher möglich werden, „die allernotwendigsten Lebensmittel, wie Kartoffel und Brotgetreide (...) in Sicherheit zu stellen“. Angesichts des niedrigen Wertes des „gegenwärtigen Papiergelds“ vermutet er gar, dass man mehr und mehr wieder zum Tausch von Lebensmitteln übergehen werde.

Er berichtet weiterhin, dass viele Maxsainer Landwirte unter 4 Hektar, oft sogar nur unter 3 Hektar Land besäßen, was zu wenig sei, um die Familien zu ernähren. Zudem befürchtet er „Missliebigkeiten“ zwischen Bauern und Arbeitern, die ein Stück Land pachten wollten, um durch Eigenanbau ihre Ausgaben zu senken und vielleicht sogar ein kleines Zubrot zu verdienen. Das Land sei dafür jedoch zu knapp und die Besitzer würden den Pachtzins in die Höhe treiben.

Einen weiteren Einblick in die wirtschaftliche Lage zu jener Zeit liefern seine Vorschläge zur Finanzierung der Rodungsarbeiten: Da die deutsche Kohle fast vollständig an die Siegermächte abgeführt werden müsse, wäre der Absatz für das geschlagene Holz gut gesichert.
Bedenkt man, dass Maxsain über eine recht weitläufige Gemarkung verfügt, lässt sich nur erahnen, wie groß die Lebensmittelnot andernorts gewesen sein muss.

Die Unterschriftenliste


Insgesamt 188 Personen unterschrieben den Antrag auf Rodung. Viele der Namen prägen noch heute unsere Gemeinde: Tönges, Aller, Glässner, Sahm, Vohl, um nur einige zu nennen.
Im „Protokollbuch der Gemeindevertretung“ erfahren wir, dass bei der Gemeindeversammlung am 29. November 1923 alle elf Vertreter einstimmig für den Antrag stimmten. Und schon am 3. Dezember folgte die Genehmigung des Kreisausschusses in Montabaur „vorbehaltlich der Zustimmung der Forstbehörde“.



Neun Jahre später


Danach passierte jedoch sehr lange nichts. Fast neun Jahre später, am 15. April 1932, schreibt Wilhelm Schnug einen Brief „an die Gemeindebürger in Maxsain“ und bittet noch einmal um Unterschriften jener Bürger, die „Interesse haben an diesem Unternehmen“. Nach seinen Schilderungen ist die wirtschaftliche Lage nicht besser geworden. Bestenfalls 16 Prozent der Maxsainer Familien hätten demnach ein Auskommen von ihrem Land und „etwa 24 Prozent müssen noch Land zupachten um durchzukommen“. Die restlichen 60 Prozent machten eine damals noch ungewohnte und sicherlich bedrohlich wirkende Entwicklung durch, die für uns heutzutage selbstverständlich geworden ist: Sie müssen ihre „Bedürfnisse und ihre Anforderungen mit Arbeitsverdienst“ bestreiten. Pikant nur, dass zu jener Zeit Massenarbeitslosigkeit herrscht und vor allem die Jugend, auch in Maxsain, keine Arbeit findet.

Jetzt geht alles schnell: Die Gemeinde beschließt das Vorhaben am 1. Mai. Die „höflichst“ um Kooperation gebetenen Behörden scheinen dem Ansinnen nicht im Wege zu stehen und die arbeitslosen Jugendlichen verdienen sich etwas Geld bei der Rodung des Geländes.

Die „qualitativ beste Ackerbodenfläche“, die man sich 1923 erhoffte, hatte das Areal indes nicht. Durch den Baumbestand war der Boden übersäuert und konnte erst durch geeignete Düngung im Laufe der Jahre aufgewertet werden. Letztendlich wurden statt der geplanten 40 Hektar auch „nur“ etwa 20 Hektar gerodet, sodass man auf der Rückerother Straße heute noch bereits weit vor der Klingelwiese in den Wald eintaucht.

Der Brief im Original (Schreibmaschine): Seite 1  🪚️  Seite 2  🪚️  Seite 3
Eintrag veröffentlicht: Dienstag, 2024-01-09